Stabile Blutversorgung

Die Versorgungslage präsentierte sich 2022 mehrheitlich stabil; das Spenden von Blut war jederzeit ohne Einschränkungen möglich.

Die Bevölkerung in der Schweiz konnte 2022 stets mit den benötigten Blutprodukten versorgt werden. Der Aufwand, um genügend Blutspenden zu erhalten, ist im letzten Jahr grösser geworden als während der Vorjahre, als die Menschen pandemiebedingt viel zu Hause waren, mehr freie Zeit hatten und wenig reisen konnten.

Ausgeglichener Blutbedarf

Der Bedarf der Spitäler an Blutprodukten war während des ganzen Jahres ausgeglichen. Es wurden etwas weniger Blutprodukte benötigt als im Vorjahr. Einzig der Bedarf an Blutplättchen hat zugenommen.

Die Nachfrage nach roten Blutkörperchen, den Erythrozytenkonzentraten als wichtigstes Blutprodukt, sank um 1,3%. Nachdem sich der Bedarf an Erythrozytenkonzentraten in den letzten 3 Jahren stabilisiert hatte, ist er 2022 wieder leicht gesunken. Der Bedarf an Plättchenkonzentraten nahm gegenüber dem Vorjahr um 1,8% zu, derjenige an Plasma um 3,1% ab.

 

Mehr Aufwand und weniger Spendertreue

Die Versorgung mit Blutprodukten war in der Schweiz während des ganzen Jahres jederzeit sichergestellt. Eine Herausforderung waren für die 11 regionalen Blutspendedienste RBSD die saisonalen Schwankungen während der Ferienzeit und über die Festtage – besonders auch zum Jahresende aufgrund von gehäuften Erkrankungsfällen bedingt durch Corona-, Grippe- oder grippeähnliche Krankheiten. Regelmässige Spenderinnen und Spender sind deshalb ausgefallen. Zudem war der Aufwand nach der Coronapandemie höher, neue Spenderinnen und Spender für die Blutspende zu gewinnen und für weitere regelmässige Blutspenden zu motivieren und eine Bindung aufzubauen. Die Hauptgründe liegen in der gestiegenen Mobilität und der wieder aufgenommenen Reisetätigkeit nach der Pandemie.

Auch bei den mobilen Blutspendeaktionen war es deshalb aufwendiger, potenzielle Blutspenderinnen und -spender zum Spenden zu bewegen. Attraktive, gut zugängliche und stark frequentierte Standorte wie z.B. die Welle7 im Bahnhof Bern werden gesucht. Die mobilen Aktionen waren auch 2022 mit 46,7% sehr wichtig für die nationale Blutversorgung (2021: 46%). In 995 Ortschaften (2021: 905) fanden insgesamt 1’995 Blutspendeaktionen statt (2021: 1’853). Die durchschnittliche Anzahl Spenden pro Aktion lag mit 62 Spenden unter dem Vorjahr (2021: 66,7 Spenden).

 

Gesunkene Verfallrate

Blutspende SRK Schweiz und die RBSD haben zum Ziel, die nationale Versorgung mit Blutprodukten zu sichern und gleichzeitig die Beschaffung möglichst genau auf den Bedarf auszurichten. 2022 wurden 265’223 Blutspenden entnommen (2021: 268’202), d. h. 1,1% weniger als im Vorjahr.

Gleichzeitig sank auch die Verfallrate der Erythrozytenkonzentrate auf 0,8% (2021 0.9%). Die Verfallrate erreichte damit einen Tiefstwert, was positiv ist. Die tiefe Verfallrate zeigt auch, dass die regionalen Blutspendedienste flexibel auf Veränderungen des Blutbedarfs reagieren und die Anzahl Blutspenden anpassen können – bei akutem Bedarf durch direktes Kontaktieren der Spenderinnen und Spender mit stark nachgefragten Blutgruppen und durch Spendenaufrufe in den regionalen Medien und über Social Media.

Swisstransfusion: schweiz. Symposium der Transfusionsmedizin

Nach einer pandemiebedingten Pause konnten sich Fachleute aus Transfusionsmedizin, Hämapherese und der Immunhämatologie am 1. und 2. September wieder physisch in Bern zur 21. Swisstransfusion treffen.

Das wissenschaftliche Programm des ersten Kongresstages widmete sich zukunftsgerichteten Therapien und Produkten. Ein Fokus lag auf innovativen Behandlungsmethoden mit zellulären Therapien; ein zweiter Schwerpunkt auf modifizierten Blutprodukten bezogen auf Herstellung, Lagerung und Haltbarkeit sowie den Stand der Wissenschaft bei der klinischen Anwendung von Blut. Am zweiten Kongresstag kamen neben wissenschaftlichen Fragen zu Transfusionsmedizin, Immunhämatologie und Blutsicherheit auch allgemeine Themen rund um die Blutversorgung zur Sprache. Was erwartet uns mit der neuen Generation von Blutspenderinnen und Blutspendern? Welche Herausforderungen und Chancen bringt die Digitalisierung?

Weltblutspendetag: die geschenkte Stunde

Warum spenden viele Menschen kein Blut? Als Grund wird oft mangelnde Zeit angegeben. Eine Vollblutspende, bei der 450 ml Blut entnommen wird, dauert vom Ausfüllen des Fragebogens, der Spende sowie der Zeit für Ruhe und Verpflegung maximal eine Stunde.

Anlässlich des Weltblutspendetages am 14. Juni haben wir deshalb junge Menschen gefragt, was sie mit einer zusätzlichen geschenkten Stunde anfangen würden. Die Antworten haben wir auf einem Video festgehalten und dieses über die sozialen Medien verbreitet.

80% der Bevölkerung sind mindestens einmal im Leben auf eine Blutspende oder ein Blutprodukt angewiesen. Aber nur 4,3% der spendefähigen Schweizerinnen und Schweizer spenden regelmässig Blut.

Pilotprojekt: Sensibilisierung und Motivation von Menschen mit Migrationshintergrund für die Blutspende

In der Schweiz leben immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund sowie Kinder von eingewanderten Personen. Diese weisen oft andere Blutgruppenmuster oder potenziell seltene Blutgruppenmerkmale auf, welche in der Schweiz im nationalen Register für seltene Blutgruppen «Rare Donor File» erfasst werden. Dieses enthält aber noch kaum Blutspenderinnen und Blutspender nichteuropäischer Herkunft.

In einem Pilotprojekt unter der Leitung von Blutspende SKR Schweiz und finanziert durch das Schweizerische Rote Kreuz SRK arbeiten die Interregionale Blutspende Bern, die Blutspende SRK beider Basel sowie die beiden Kantonalverbände SRK Bern und Basel daran, diese Situation zu verbessern. Menschen (z.B. aus Ost- oder Westafrika) sollen informiert, zur Blutspende motiviert und bei Bedarf zu einer Spende begleitet werden. Dazu werden verschiedene Modelle getestet, die nebst dem Erreichen der Zielgruppe auch die Sensibilisierung von Fachleuten für transkulturelle Themen zum Ziel haben.

Die während der Pilotphase in Bern und Basel evaluierte Methode soll ab 2025 in der gesamten Schweiz zur Verfügung stehen.

Referenzlabors: einjährige Ausschreibung abgeschlossen

Blutspende SRK Schweiz hatte 2021 die Vergabe der Referenzlabors neu ausgeschrieben. Im Mai 2022 konnten die neuen Verträge durch den Verwaltungsrat verabschiedet werden. Ab dem 1. Januar 2023 wird das Mandat des nationalen immunhämatologischen Referenzlabors zusammen durch Blutspende Zürich und die Interregionalen Blutspende (Standort Bern) wahrgenommen. Angeboten werden umfassende immunhämatologische und molekulargenetische Spezialabklärungen. Ab 2023 wird Blutspende Zürich auch den Betrieb und die Weiterentwicklung des nationalen «Rare Donor File» übernehmen und die Zusammenarbeit mit weltweit führenden Laboratorien ausbauen.

Bei der Interregionalen Blutspende ist am Standort Bern das Referenzlabor für Infektmarker und die Koordinationsstelle für die Lookback Verfahren angesiedelt.